17.07.2015
Arbeit und Gesundheit

Gesund bleiben im Job. Ganzheitliches Gesundheits-management unterstützt dabei.

Waren früher Probleme mit dem Bewegungsapparat (Wirbelsäule, Arm- Knie- und Schultergelenke) die häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, nehmen heute psychische Erkrankungen, Burn-out und Probleme mit der Lebensbewältigung als Ursache zu.
Das After-Work Gespräch am 16. Juli 2015 im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung in Mainz ging der Frage nach, ob betriebliches Gesundheitsmanagement ein Beitrag zur Gesunderhaltung der Beschäftigten sein kann.

Der Arbeitsmediziner Dr. Michael Vollmer aus Seeheim-Jugenheim berät Unternehmen bei der Einführung von betrieblichem Gesundheitsmanagement. Gesundheit ist für ihn, wie von der Weltgesundheitsorganisation definiert, der Zustand von körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden.
Obwohl die Arbeitsbedingungen härter geworden sind, Arbeitszeiten sind heute flexibler aber auch unbegrenzter, Sonntagsarbeit hat zugenommen, der Druck ist gestiegen, ist Arbeit aus seiner Sicht nur ein Grund für Erkrankungen. Daneben spielen erbliche Vorbelastungen, lebensgeschichtliche Erfahrungen, Umweltbedingungen und soziale Bedingungen eine ebenso wichtige Rolle.

Das ganzheitliche Gesundheitsmanagement zielt auf das gesundheitliche Verhalten der einzelnen und auf die Arbeitsbedingungen in gleichem Maße.

Für die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) haben Unternehmen verschiedene Gründe. Neben der Fürsorgepflicht, spielen die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit, aber auch der Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung von Fachkräften eine große Rolle. „Aber Erfolg kann das betriebliche Gesundheitsmanagement nur dann haben, wenn die Unternehmensleitung voll dahinter steht und Betriebsärzte, Mitarbeitervertretungen, Sicherheitsbeauftragte in den Prozess einbezogen sind“, so Vollmer.

Dies bestätigte Sibylle Anhorn, Betriebsrätin bei Boehringer Ingelheim Pharma GmbH&co.KG. Das Unternehmen, mit 7000 Beschäftigten am Standort Ingelheim, hat bereits ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das kürzlich auf den Prüfstand gestellt und konzeptionell neu aufgestellt wurde.
Dabei ist das Handlungsfeld „gesund führen“ mit dem Schwerpunkt der verpflichtenden Schulung von Führungskräften, ein sehr zentraler Bereich. „Unsere Führungskräfte sollen Verantwortung für die eigene Gesundheit und die ihrer Mitarbeiter übernehmen, wahrnehmen, wie es diesen geht und sie ermutigen, die Angebote des Unternehmens anzunehmen“, so Anhorn.
Weitere Handlungsfelder sind „gesund leben“ mit Betriebssportgruppen oder Schulungen zur gesunden Ernährung und „gesunde Balance von Beruf und Privatleben“ mit Krippenplätzen, Aktionstagen „Seelische Gesundheit“ und einer Betriebsvereinbarung zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.
Am Standort Ingelheim werden die bisherigen Angebote von den Mitarbeitenden gut angenommen. Mit welchen Maßnahmen man die Berufsgruppe der Außendienstmitarbeiter erreichen kann, ist derzeit noch eine ungelöste Aufgabe.
Als weitere Aufgabe für die Zukunft sieht die Betriebsrätin die Verantwortung für Langzeiterkrankte oder weniger leistungsfähige Beschäftigte, gerade in einer Zeit, wo es sogenannte Einfach-Arbeitsplätze kaum noch gibt.

Gesund arbeiten ist auch ein Thema für junge Menschen. Jens Wernikowski, in der Ausbildung zum Physiotherapeuten, beobachtet das in seinem beruflichen Umfeld aber auch in seinem Freundeskreis. Vor dem Hintergrund, dass sie noch „ewig“ arbeiten müssten, seien ihnen Arbeitsplätze wichtig, die eine gute Balance zwischen Beruf und Privatleben zulassen, so Wernikowski.
Ganzheitliches Gesundheitsmanagement kann ein Beitrag sein, damit Beschäftigte gesund bleiben im Job, so das Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Gute Ansätze gibt es bereits, es bleibt jedoch noch viel Handlungsbedarf.
Die „After-Work-Gespräche“ werden veranstaltet vom DGB in Rheinland-Pfalz, dem Referat Berufs und Arbeitswelt im Bistum Mainz und dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Margit Befurt, Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN