17.08.2017
Erwerbslosigkeit

Sommerliche Auszeit für „Krisenmanagerinnen und –manager“

Das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) lud am 15. August 2017 zum ersten Mal Erwerbslose, Mitarbeitende in Erwerbsloseninitiativen und Sozialpolitikerinnen und –politiker gemeinsam zu einem Sommerfest ein und eröffnete Raum für Gespräche.

„Wir möchten mit dem heutigen Empfang ein kleines Zeichen setzen und deutlich machen, dass die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Erwerbslosigkeit sehr ernst nimmt“, so der Leiter des Zentrums Oberkirchenrat Christian Schwindt in seiner Eröffnungsrede vor 120 Gästen. 

Trotz steigender Erwerbstätigkeit und sinkender Arbeitslosenzahlen sind bei der Bundesagentur für Arbeit im Juni 2017 knapp 2,5 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Schaut man genauer hin, sind über sieben Millionen Menschen von Arbeitslosengeld und Hartz-IV- Leistungen abhängig, wenn man die Familienmitglieder mitzählt.
 
Menschen, die keine Arbeit haben, dürften nicht vergessen werden, so Schwindt weiter, denn theologisch betrachtet sei es nicht die Arbeit, die die Würde des Menschen begründet. Vielmehr sei es ein Geschenk Gottes ins Leben geboren zu sein, ohne Vorbehalt und ohne dafür eine Leistung erbringen zu müssen. Arbeit als Schöpfungsauftrag diene dem Erhalt des Lebens, der Entfaltung von Fähigkeiten und der Stiftung von Gemeinschaft.

Erwerbslose leben in Sorge
Menschen ohne Erwerbsarbeit steckten in einer Krisensituation. Sie müssten sich mit den psychischen Auswirkungen des Arbeitsplatzverlustes wie dem Verlust des Selbstwertgefühls oder der Vereinsamung und Isolation auseinander setzen. Gleichzeitig müssten sie die finanziellen Einschränkungen in den Griff bekommen. Wo soll das Geld herkommen, wenn die Waschmaschine plötzlich kaputt geht? Wie sollen Klassenfahrten oder Geburtstagsgeschenke für die Kinder bezahlt werden? „Arbeitslose Menschen sind jeden Tag aufs Neue Krisenmanager ihres Alltags, und das verdient unsere Hochachtung“, so Schwindt zum Ende seiner Rede. Für den Zusammenhalt einer Gesellschaft sei es nach seiner Meinung wichtig, dass möglichst alle Bürgerinnen und Bürger von ihrer Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Denn dies sei ein wichtiges Ziel präventiver Armutsvermeidung.
 
Er dankte auch den Gästen, die haupt- oder ehrenamtlich erwerbslose Menschen engagiert begleiten, beraten und sich darum bemühen, dass Menschen wieder in Erwerbsarbeit kommen. 
Theaterszenen aus dem Alltag 
Mit viele Humor und einer großen Portion Selbstironie nahmen die Schauspielerinnen und Schauspieler der Arbeitsloseninitiative im Lahn-Dill-Kreis (WALI) anschließend den Alltag von Erwerbslosen, seine komischen, manchmal auch bedrückenden Seiten in einer szenischen Collage unter die Lupe und ernteten viel Applaus.
Mit diesen Stücken leitete die Theatergruppe zu einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch der Gäste über. Im zwanglosen Rahmen tauschten Erwerbslose, haupt- und ehrenamtlich Engagierte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZGV nicht nur ihre Erfahrungen mit Erwerbslosigkeit aus. Sie redeten sehr schnell über Gott und die Welt.