21.02.2017
Zentrum

Von Luthers zu Katherinas Tischreden. Frauen haben das Wort

Anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums lud Ulrike Scherf, die stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Frauen aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Medien zum Frauenmahl in die Heiliggeistkirche nach Frankfurt ein.
Anders als bei den Tischreden im Hause Luther und von Bora hatten hier die Frauen das Wort und tauschten sich über wichtige Fragen des Lebens aus.
Die Reformation stieß zahlreiche  Veränderungen an – im persönlichen Leben wie auch in gesellschaftlichen Zusammenhängen. Auch die Tischrednerinnen beim Frauenmahl hatten beides im Blick. Sie erzählten sehr persönlich, wie sie heute mit Veränderungen in ihrem privaten und gesellschaftlichen Leben umgehen.
Die fünf Tischrednerinnen
Durch das Leben von Sylvia Schenk, heute Rechtsanwältin in Frankfurt, ziehen sich Umbrüche und Veränderungen wie ein roter Faden. Sie war Hochleistungssportlerin, Kommunalpolitikerin, Präsidentin des Radsportverbandes Bund Deutscher Radfahrer und leitet seit 2014 die Arbeitsgruppe Sport bei Transparency Deutschland. Ihre Neugierde und ihre Haltung stärkten sie in schwierigen Situationen. Sobald sie das Gefühl habe, dass etwas verändert werden müsse, mache sie es zu ihrem Thema.  „Veränderungen gehören zum Leben, entweder sie passieren mit einem oder man führt sie selbst herbei“, so Schenk. In ihrem Leben versuche sie Veränderungen und Kontinuität in die richtige Balance zu bringen. Frei nach Luther: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“.   
Die Pilotin Rena Achten wurde schon als Kind von ihrer Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben angetrieben, ganz im Gegensatz zu den damaligen Vorstellungen, wie eine Frau zu sein habe. Warum sollte sie nicht die gleichen Dinge tun dürfen wie ihre Brüder? Ihr Rezept: doppelt so gut sein und doppelt so hart arbeiten. Trotzdem blies ihr ein „großer Gegenwind auf dem Weg zur grenzenlosen Freiheit über den Wolken“ entgegen. In der ersten Reihe zu stehen, musste sie erst lernen. Nach 30 Jahren Berufserfahrung hat sie sich von ihrem selbstverordneten Anspruch, perfekt zu sein gelöst, und das mache ihr Mut für die Zukunft.
Imelda Labbé leitet seit 2016 die Abteilung After Sales des VW Konzerns. Eine der wenigen Frauen mit Führungsverantwortung in der Automobilbranche. Auf Veränderungen reagiere sie mit Neugierde und lasse sich auf sie ein, auch in dem Bewusstsein, dass es schief gehen könne. Als sie im Laufe ihres Berufslebens ein Angebot erhielt, als fachfremde Betriebswirtin eine technische Abteilung zu leiten, half es ihr nicht alles so ernst zu nehmen und auch zuzugeben, dass sie nicht alles könne. „Dann findet man auch Menschen, die einen unterstützen“, so Labbé.
Die Juristin Tanja Gönner ist seit 2012 Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Schon früh in ihrem Leben habe sie Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister übernommen. Gleichzeitig wurde sie von ihren  Eltern  sehr gefördert. Sie war die erst in der Familie, die studieren konnte. Geprägt habe sie die Erfahrung, Zutrauen zu sich selbst zu haben, gleichzeitig aber auch das Vertrauen und die Unterstützung anderer anzunehmen. Als sie als Ministerin in Baden-Württemberg abgewählt wurde, hat sie gelernt,, dass es nicht schlimm ist hinzufallen, aber wieder aufstehen ist wichtig. 
Wie sehen Menschen die Welt? Diese Frage beschäftigt Prof. Dr. Christina Aus der Au Heymann als Professorin an der theologischen Fakultät der Universität Zürich, als Präsidentin des Ev. Kirchentages 2017 und auch als Privatperson. Die Veränderungen in ihrem Leben seien „über sie hereingebrochen“. Ihre Haltung, die Veränderungen als geschenkte Gelegenheiten zu betrachten, half ihr dabei, sich über die neuen Möglichkeiten zu freuen und sich einzurichten. In jeder neuen Situation fänden sich Menschen, mit denen man gemeinsam die eigene Weltsicht überprüfen könne. 

„Es ist gut, dass Frauen heute – anders als zu Luthers Zeiten – sich öffentlich zu Wort melden und die Gesellschaft mitgestalten“, fasste Ulrike Scherf das Frauenmahl zusammen. Ein lebendiger Abend, an dem Frauen das Wort hatten, sich austauschten und Frauen zusammen brachte, die sich bisher nicht kannten aber vieles gemeinsam haben.
Margit Befurt, Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN