29.06.2015
Grüner Hahn

Fluglärm und das Lern- und Leseverhalten von Grundschulkindern

Die Wissenschaftler der  TU Kaiserslautern stellten fest, dass Kinder, die während des Unterrichts Fluglärm ausgesetzt sind, langsamer lesen lernen als andere-  je lauter,  desto langsamer. „Statistisch gesehen sind Kinder aus stark belasteten Schulen in ihrer Leselernentwicklung ungefähr zwei Monate hinter den Kindern aus am wenigsten belasteten Schulen zurück“, so Prof. Dr. Maria Klatte, die Projektleiterin der NORAH-Kinderstudie. Die Langzeitfolgen der Lernverzögerung sind noch nicht bekannt. Sie müssten durch eine Langzeitstudie erforscht werden.

Lesen lernen ist eine Kraftanstrengung
Davon, wie hoch komplex das Lesen lernen ist, vermittelte Prof. Dr. Cornelia Rosebrock von der Goethe Universität Frankfurt den Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck mit zwei Textbeispielen. Ein Text setzte sich aus Worten zusammen, die nur mit dem richtigen Buchstaben begannen und endeten. Er konnte schnell und leicht verstanden werden, weil die Buchstaben automatisch an die richtige Stelle sortiert wurden. Ein zweiter Text musste insgesamt von rechts nach links gelesen werden und die Worte  waren auch von links nach rechts sortiert (Wort- troW). Die Besucherinnen und Besucher hatten beim Lesen erheblich mehr  Schwierigkeiten und brauchten wesentlich mehr Zeit.
Das Lesen ist nicht nur ein Erkennen von Buchstaben, Worten und Sätzen. Daneben müssen unter anderen ein inhaltliches Verständnis des Textes erlernt und Zusammenhänge zwischen Aussagen identifiziert werden sowie eine Rückkoppelung zur lesenden Person (was bedeutet der Text für mich)stattfinden. „Lesen lernen ist eine große Anstrengung, die viel Konzentration erfordert“, so Prof. Dr. Rosebrock.

Der Schulalltag im Umfeld des Flughafens
Was es bedeutet, wenn der Leselernprozess durch permanenten Fluglärm gestört wird, schilderten Isabella Brauns, Schulleiterin der Karl-Treuchtel-Schule in Kelsterbach und Simon Reiss, Schulleiter der Pestalozzi Schule in Raunheim. Alle 30 bis 40 Sekunden überfliegen bei Ostwetterlage Flugzeuge im Landeanflug die Grundschulen. „Die Lehrerinnen und Lehrer unterbrechen den Unterricht, denn trotz geschlossener Fenster wird es im Klassenzimmer zu laut und die Kinder werden abgelenkt. Nach der Unterbrechung muss die Aufmerksamkeit der Kinder erst wieder hergestellt werden und dann kommt schon das nächste Flugzeug“, beschreiben die beiden Schulleiter den Schulalltag.
Sie wünschen sich für ihre Schulen eine pädagogische Architektur und eine bessere Raumakustik. Auch die Schulhöfe müssten umgestaltet und Ruheecken eingerichtet werden. Der Fluglärm stresst auch die Lehrerinnen und Lehrer. Sie benötigen ebenfalls Ruheräume. Für diese Maßnahmen fehlen jedoch die finanziellen Mittel.
Im Rhein-Main Gebiet steigen die Schülerzahlen. Es fehlen Grundschullehrer, so dass Planstellen an den Schulen nicht besetzt werden können. Bei der Besetzung der offenen Stellen wünschen sich die Schulleiter Unterstützung.

Das Referat für Schulentwicklungspläne des Hessischen Kultusministeriums unterstützt die Leseförderung an hessischen Schulen mit Fortbildungen für die Lehrkräfte und einem Programm zur Leselernstandsermittlung bei Schülern.
Margit Befurt, ZGV