26.11.2020
Umwelt & Digitale Welt

Dannenröder Forst: Pröpste fordern sofort Gewaltverzicht und mehr Arbeitssicherheit

In den vergangenen Tagen war es wiederholt zu schweren Verletzungen auf Seiten der Demonstrierenden und der Polizei gekommen. Der evangelische Propst für Oberhessen, Matthias Schmidt, und der Propst des Sprengels Marburg, Helmut Wöllenstein, haben angesichts der zuletzt erneut eskalierenden Auseinandersetzungen im Dannenröder Forst um den Ausbau der A49 am Donnerstag dazu aufgerufen „Gewalthandlungen sofort zu stoppen“.
 
Nach Worten Schmidts seien die allermeisten Demonstrierenden friedlich. Allerdings befänden sich im Dannenröder Forst auch Menschen, die „wiederholt Polizistinnen und Polizisten beispielsweise mit Pyrotechnik und Steinen angegriffen haben“, so der Propst. Schmidt: „Das ist völlig inakzeptabel.“ Polizistinnen und Polizisten seien „Bürgerinnen und Bürger in Uniform“, die dort im staatlichen Auftrag ihren Dienst versehen. Schmidt: „Ihre Würde und körperliche Unversehrtheit ist von allen Beteiligten unbedingt zu achten.“
 
Propst Wöllenstein erklärte gleichzeitig, dass sehr viele Polizistinnen und Polizisten bei den Baum-Räumungen „ein hohes Maß an Geduld, Professionalität und Humanität“ an den Tag legten. „Es gab allerdings auch Situationen, in denen nach unserer Beobachtung diese Haltungen gefehlt haben“, so Wöllenstein. Als Vertreter der Kirchen sprächen sie sich beide „gegen jegliche Form der Gewalt und Unverhältnismäßigkeit aus.“ Wöllenstein: „Der gezielte Schutz von Würde, Leib und Leben der Demonstrierenden muss gewährleistet sein.“
 

Sicherheit bei Baumfällarbeiten durch unabhängige Fachleute gewährleisten

 
Schmidt und Wöllenstein gingen auch auf die Baumfällarbeiten selbst ein, bei denen ihrer Ansicht nach ganz offensichtlich gegen geltende Bestimmungen zur Arbeitssicherheit verstoßen worden ist. So sei es in den vergangenen Tagen „wiederholt zu lebensgefährlichen Situationen mit schweren Unfällen bei den Räumungen des Dannenröder Forstes gekommen“, erklärte Propst Schmidt. Er bitte die staatlich Verantwortlichen deshalb „eindringlich darum, dass unabhängige Fachexperten für Forstarbeiten hinzugezogen werden, um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten“.
 
Es könne nach Schmidt ein starkes „Deeskalationssignal“  sein, wenn die staatlich Verantwortlichen „alles nur Menschenmögliche tun, um Gesundheit und Leben in einer schwierigen und komplexen Gefahrenlage zu schützen“. Propst Wöllenstein ergänzte: „Es ist nach Ansicht vieler vor Ort ein Wunder, dass es noch keinen Toten gegeben hat. Wir brauchen diese Fachleute, um weitere schwere Verletzungen von Demonstrierenden, Polizeikräften und Waldarbeitenden zu verhindern.“
 

Sonn- und Feiertage im Advent als Deeskalations-Pausen nutzen

 
Wöllenstein und Schmidt würdigten nochmals die Unterbrechung der Rodungen am zurückliegenden Ewigkeitssonntag. „Das war ein erster Schritt“, so der Marburger Propst Wöllenstein. Er schlug vor, „den eingeschlagenen Weg auch an den Adventssonntagen und den Weihnachtstagen konsequent fortzusetzen und dann alle Arbeiten im Dannenröder Forst zu stoppen.“ Die entstehenden Pausen könnten „der Verständigung und Befriedung“ dienen.
 
Der Gießener Propst Schmidt ergänzte, dass die auch für die Menschen gelten müsse, die in direkter Nachbarschaft zum Dannenröder Forst oder in der Region lebten. Schmidt: „Deren Gesundheit und seelisches Wohl ist schon seit Monaten enorm belastet.“ Gerade für sie seien Ruhezeiten an den Adventssonntagen und dem Weihnachtsfest „unbedingt notwendig.“ Daher sei es wichtig, alle Lärmbelastungen - etwa auch durch Hubschrauberflüge – „nur im absoluten Ausnahmefall zuzulassen“.
 

Hintergrund: Engagement der evangelischen Kirche

 
Das Evangelische Dekanat Vogelsberg engagiert sich bereits seit vielen Monaten dafür, dass die unterschiedlichen Interessenlagen zum Ausbau der A49 und die Konflikte im Dannenröder Forst friedlich ausgetragen werden können. Es steht für Gespräche zur Verfügung und ist mit Beobachtern vor Ort ständig präsent.   von: Volker Rahn, Pressesprecher der Ev. Kirche in Hessen und Nassau