28.06.2016
Wirtschaftsethik

Share Economy - Auch die Ökonomie des Teilens ist letztlich nur Ökonomie

„Für mich ist Teilen immer Schenken“,  so einer der Teilnehmer beim Forum Kirche, Wirtschaft, Arbeitswelt des ZGV zum Thema Share Economy am 26. Juni 2016 in Mainz.
Viele Menschen verbinden mit Share Economy die Vorstellung einer alternativen Wirtschaftsform, die Ressourcen spart, auf weniger Konsum setzt und die Umwelt schont. „Free Your Stuff“  oder „Foodsharing“, die einen gesellschaftlichen Veränderungsprozess anstreben, zählen dazu. Sie wollen, dass Essen nicht vernichtet wird oder gebrauchte Dinge nicht im Müll landen, sondern kostenlos der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.

Share Economy ohne Digitalisierung nicht möglich
Die Landschaft der Share Economy Unternehmen und Projekte  ist allerdings vielfältiger. Dr. Julian Dörr von der Universität Siegen unterscheidet zwischen Unternehmen mit Gewinnabsicht und solchen ohne. Immer gehe es aber um ein teilendes Überlassen von Waren oder ein zeitlich begrenztes Anbieten eigener Dienstleistungen, so Dörrs Beschreibung von Share Economy. Den Unterschied zu früheren Formen des Teilens sieht er in der Digitalisierung. Ohne sie wäre die neue Ökonomie des Teilens nicht möglich.
Die Bandbreite der Share Economy reicht von Internetplattformen wie „couchsurfing“, die weltweit kostenlose Übernachtungsmöglichkeit mit Familienanschluss vermittelt  bis zum Marktführer „Airbnb“, der weltweit Zimmer oder Wohnungen gegen Vermittlerprovision anbietet.

Regeln gegen Wettbewerbsverzerrung sind nötig
Das gegenwärtig drängendste Problem: Kommerzielle Anbieter wie „Airbnb“ oder der umstrittene Taxidienst „Uber“ sind nur vermittelnd tätig und unterliegen daher in der Regel nicht den branchenüblichen Gesetzen und Vorschriften. „Uber“  beispielsweise vermittelt den Transport  von Personen und Güter  durch  Privatpersonen, die sich nicht an das Personenförderungsgesetz oder die Preisbindung halten müssen. Das Unternehmen zahlt natürlich für die Fahrer keine Sozialversicherungsbeiträge. Das ganze Risiko im Krankheitsfall  oder bei einem Unfall trägt der „Mikrounternehmer“. Dadurch hat das formal nur als Vermittler auftretende  Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber all denen, die sich an die Gesetze und Vorschriften halten müssen. Hier sieht der Wirtschaftswissenschaftler Dörr einen großen Regelungsbedarf, um Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Weniger Autos durch Carsharing
Es gibt aber auch kommerzielle Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell eine gesellschaftspolitische Vision verfolgen. Udo Mielke, der Gründer von book- n- drive,  startete sein Unternehmen mit der Idee „ Mehr Spielplätze statt Parkplätze“. Mit seinem Carsharing-Unternehmen will er dazu beitragen, dass es weniger Autos auf den Straßen gibt und möglichst viele  Menschen auf ein eigenes Auto zu verzichten. Er strebt ein Verkehrskonzept an, das verschiedene Arten der Fortbewegung miteinander verbindet: Den öffentlichen Nahverkehr, das Fahrrad und das Auto. Deshalb kooperiert er  beispielsweise mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund und unterstützt die Internetplattform flinkster bei ihrer Kampagne „2 pro Auto“.  Derzeit fahren 800 Autos von book-n-drive im Rhein-Main Gebiet. Waren die Kundinnen und Kunden vor 10 Jahren noch zwischen 45 und 50 Jahre alt, hat sich der Altersdurchschnitt inzwischen deutlich gesenkt. Heute sind  sie  zwischen 30 und 35 Jahre alt. Nicht zuletzt die gesellschaftliche Diskussion der Finanzkrise machte die Idee „Teilen statt Haben“ in jüngeren Bevölkerungsschichten populär. Margit Befurt/Ralf Stroh