17.01.2017
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik

Für eine menschenwürdige Arbeitswelt. Gespräch Gewerkschaften und ev. Kirche in Rheinhessen

Mainz, den 17. Januar 2017. Vertreterinnen und Vertreter des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften und der Evangelischen Kirche in Rheinhessen tauschten sich zum ersten Mal in Mainz  über aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt aus.  Mitte Januar stand die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf  die  Arbeits- und Lebenswelt auf der Agenda.
Dank digitaler Möglichkeiten können heute viele Beschäftigte ihre Arbeit an einem Ort und zu einer Zeit ihrer Wahl erledigen. Smartphones beispielsweise garantieren eine schnelle Erreichbarkeit, per Telefon, e-mail, WhatsApp. Alles, was man zum Arbeiten braucht, hat man dabei.
Das eröffnet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf den ersten Blick ein großes Maß an Zeitsouveränität und Flexibilität und kann beispielsweise Eltern dabei unterstützten, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. 

Erwartungen steigen
Dennoch hat die digitale Technik auch ihre Kehrseiten. „Mit der digitalen Technik nimmt das Tempo zu. Eine WhatsApp ist schneller als ein Brief“, so der Evangelische Propst von Rheinhessen, Dr. Klaus- Volker Schütz im Gespräch mit den Gewerkschaftsvertreterinnen und –vertretern. Obwohl er selbst die Möglichkeiten der digitalen Technik als Bereicherung erlebe, sehe er  die Gefahr von steigenden Erwartungen. Auf e-mails solle schneller geantwortet und Aufträge effektiver und zeitnäher erledigt werden.  Gerade die christliche Kultur stehe aber immer für die Entschleunigung der Dinge. „In der Bibel steht: Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde und gemeint ist damit, dass es etwas wie einen eigenen Rhythmus gibt. Es geht darum, nicht das schnellste, sondern das angemessene Tempo für eine Arbeit zu finden“, so Schütz. 
Druck wächst
Astrid Claus, Geschäftsführerin  der DGB Region Rheinhessen-Nahe sieht einen wachsenden Druck und zunehmende Stresssymptome bei den Beschäftigten. Laut  „DGB-Index Gute Arbeit“, einer jährlich stattfindenden Befragung,  falle es  34% der Befragten schwer, nach der Arbeit abzuschalten, und 27% der Befragten sollten in ihrer Freizeit für betriebliche Interessen erreichbar sein. „Mittelfristig machen diese Belastungen krank und welche Folgen auf das soziale Leben, Familien, Freundschaften es haben wird, wenn sieben Tage der Woche unbegrenzt der Erwerbsarbeit zur Verfügung stehen, ist noch nicht absehbar“, so Clauss. 
Armin Gross, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, findet, dass sich die Beschäftigten oft ohnmächtig diesem Prozess ausgesetzt sehen und sieht in den Betriebsräten wichtige Akteure beim Thema Arbeitszeit, da die Arbeitszeit unter die Mitbestimmung fällt. 
Die gemeinsamen Interessen und Aufgaben von Kirche und Gewerkschaften fasst Propst Schütz  zusammen: „Da wir die Folgen der Digitalisierung heute noch nicht wirklich abschätzen können, müssen wir unser Augenmerk miteinander besonders auf den Schutz der Menschen im Arbeitsprozess legen. Dazu gehören auch Fragen wie wem gehört die Zeit und wer entscheidet über Arbeit und Freizeit. Verbunden im gemeinsamen Interesse an einer menschenwürdigen Gestaltung der Arbeits- und Lebensverhältnisse entstehen neue Chancen für Dialoge und für die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gewerkschaften“. M. Befurt, zgv K. Partenheimer, DGB Rheinhessen-Nahe