04.06.2018
Arbeit & Soziales

Stellschrauben für ein gutes Betriebsklima

Untersuchungen zeigen, dass in der Arbeitswelt der Konkurrenz- und Leistungsdruck immer mehr zunimmt. Das wirkt sich auch auf das Betriebsklima aus, was wiederum Folgen im persönlichen wie im wirtschaftlichen Bereich hat. Dies stellte Hans-Georg Orthlauf-Blooß, Betriebsseelsorger im Bistum Mainz bei seiner Begrüßung im Mainzer Jugendhaus Don Bosco fest.  Die beiden Sozialwissenschaftler Dr. Edelgard Kutzner und Dr. Klaus Kock der TU in Dortmund  stellten ihr Forschungsprojekt zum Thema Betriebsklima vor. Edelgard Kutzner ging zu Beginn auf die Ursachen und negativen Folgen eines schlechten Betriebsklimas ein. Während die Ursachen sehr verschieden seien, könnten die Folgen klarer benannt werden. Bei den Mitarbeitern sinken Motivation und Arbeitsfreude. Der „Dienst nach Vorschrift“ oder die „innere Kündigung“  können folgen. Die Psyche werde belastet und entstehende Konflikte könnten sogar zu Mobbing führen. Auch ein hoher Krankenstand könne ein Hinweis sein, so die Sozialwissenschaftlerin. 

Die Qualität der Zusammenarbeit ist entscheidend

Als zentrales Ergebnis der Untersuchung betonte Klaus Kock, dass für die Beurteilung des Betriebsklimas die Qualität der Zusammenarbeit entscheidend sei. „Sie muss von gegenseitigem Geben und Nehmen geprägt sein.“ Ausgetauscht werden nicht nur Lohn und Leistung, sondern auch ganz Alltägliches wie Informationen, Hilfestellungen, Zeichen und Gesten. Niemand könne ohne die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen erfolgreich sein. Im Betrieb geltende Vorschriften und Regeln seien nur die formale Ebene. Daneben gäbe es noch andere langjährig eingespielte Normen und Gewohnheiten für das Geben und Nehmen. „Wer in einem Betrieb arbeitet, muss sich daran orientieren.“ Gerechtigkeit und Solidarität kämen so in den Blick. „Wer nimmt, muss auch geben, und wer etwas gibt, erwartet irgendwann eine Gegenleistung“ erläutert Kock die Faktoren des Betriebsklimas.  

Wichtige Aspekte sind: Kollegialität, Kommunikation und Wertschätzung

Aus den vielen Möglichkeiten das Betriebsklima zu verbessern, hoben die beiden Wissenschaftler  einige Aspekte besonders hervor. Die Kollegialität stehe in der Spannung zwischen Gemeinschaftlichkeit und Sachlichkeit. Entscheidend sei ein ausgewogenes Geben und Nehmen von Leistung und gegenseitiger Unterstützung. Dies könne gefördert werden durch die Schaffung von Möglichkeiten zum Gespräch, durch die Herstellung von Transparenz und der Beschäftigung von genügend Personal, um den Leistungsdruck zu begrenzen. Eine gute Kommunikation sei von großer Bedeutung. Die Frage sei, ob die Angehörigen eines Betriebes einen offenen Dialog praktizierten oder ob einseitig informiert und angeordnet werde. Kommunikation stelle keine Störung dar, sondern sei wichtiger Bestandteil der Arbeit. Missverständnisse wegen fehlendem Austausch sind oft Quelle von Konflikten, sagte Kock. Auch spontane Kommunikation sei sinnvoll. Der Dialog müsse gleichberechtigt, strukturiert und zielorientiert geführt werden. Als weiteren wichtigen Aspekt für das Betriebsklima nannte Kutzner die Wertschätzung. Sie stehe in einer Spannung zwischen Würdigung und Ignoranz. „Wenn man nichts vom Chef hört, ist das schon ein Lob!“, diese weitverbreitete Erfahrung sei zu wenig. Stattdessen müsse die Erfahrung der Mitarbeiter aufgegriffen und berücksichtigt werden. Konsequent müssten Rückmeldungen über Arbeitsergebnisse gegeben werden. Jede Arbeit müsse als Beitrag zum Ganzen Anerkennung finden, forderten Kutzner und Kock. Als mögliche Schritte zu einem guten Betriebsklima schlugen sie eine Umfrage unter den Beschäftigten vor. Nach der Auswertung sollten Arbeitsgruppen zu wichtigen Themen gebildet werden. Diese könnten Vorschläge für Regelungen erarbeiten, die dann verbindlich vereinbart und nach einen Jahr überprüft werden müssten. 
Dr. Herrmann Schäfer, Mitarbeiter bei der Technologie- und Beratungsstelle Rheinland-Pfalz TBS, der arbeitnehmerorientierten Unternehmensberatung des DGB warnte in dem anschließenden Vortrag vor dem Allgemeinplatz „Wertschätzung“. Wenn davon in Leitlinien die Rede sei, müsse auch erkennbar sein, woran die Mitarbeiter dies erkennen. Wertschätzung müsse in einen Maßnahmenkatalog münden, so Schäfer. Echte Wertschätzung würde die Mitarbeiter als wertvollste Ressource anerkennen.

Instrumente zur Verbesserung des Betriebsklimas

Konkret nannte er eine ganze Reihe von betrieblichen Instrumenten die zur Verbesserung des Betriebsklimas benutzt werden könnten.  Eine Möglichkeit seien Unternehmensleitlinien als breit angelegter Kommunikationsprozess. Auch Mitarbeiterbefragungen sind sinnvoll, wenn breit im Betrieb diskutiert werde und aus ihren Ergebnissen tatsächlich Maßnahmen entstehen. Die Bedeutung der professionellen externen Begleitung stellte er heraus. Gut strukturierte Mitarbeitergespräche sind ein weiteres Instrument. Vorgesetzte müssten dazu vorbereitet sein. Er warnte vor der Illusion einer ständigen Verbesserung. „Auch gleichbleibende Leistung ist eine gute Leistung.“ Auch die Entwicklung von Führungskräften müsse konsequent im Blick bleiben, dabei sollten stärker die unteren mitarbeiternahen Führungskräfte z.B. Schichtführer, Teamleitungen etc. berücksichtigt werden. Auch auf die Vereinbarung von Arbeit und Freizeit ging Schäfer ein. Der häufigsten Fehler sei, dass Flexibilität einseitig zugunsten der Unternehmensinteressen verstanden werde. Erarbeitet werden müssten aber passgenaue Lösungen im Sinn guter Kompromisse, die beiden Seiten nutzten. 
Das nächste After-Work-Gespräch findet am 12. Juni 2018 im Julius-Lehlbach-Haus des DGB Rheinland-Pfalz/ Saarland unter der Überschrift „Gutes Miteinander von Neu und Alt im Betrieb“ statt. Teamfähigkeit ist heute ein wichtiges Kriterium. Doch wie gelingt dies in der Praxis, wenn neue Mitarbeiter hinzukommen bzw. Erfahrene weggehen. Wenn langjähriges Erfahrungswissen auf neue Ideen und Methoden stößt, können in den Teams Konflikte entstehen. Wie kann ein offenes und respektvolles Miteinander im Betrieb organisiert werden? Wie können Konflikte zwischen Neuen und Alten bearbeitet werden? Antworten geben dazu Renate Blank,  Organisationsberaterin, IPOS, Institut für  Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision in der EKHN und Thilo Höregott, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Personalratsvorsitzender mit seinen Erfahrungen aus der Praxis. 
Die After-Work-Gespräche  sind gemeinsame Veranstaltungen des Referates Berufs- und Arbeitswelt im Bistum Mainz, Regionalstelle für Arbeitnehmer- und Betriebsseelsorge Rheinhessen, dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Rheinland-Pfalz/Saarland.
BSS-Mainz