26.09.2023
Bezahlbar Wohnen

Wohnungsgipfel – welche Maßnahmen für ein soziales Wohnen nicht bedacht wurden

„Krisengipfel“ mit Bundeskanzler und Bauministerin. Die Mietpreise steigen seit Jahren, doch 2023 ist parallel dazu die Zahl der neuen Baugenehmigungen eingebrochen. Es besteht die Befürchtung, dass dies – getrieben durch höhere Zinsen und Baukosten – die Situation auf dem Wohnungsmarkt verschärft.

Interessant ist die Medienberichterstattung rund um das Gipfeltreffen: Da steht einerseits die Bauwirtschaft im Mittelpunkt, die für nächstes Jahr deutlich leerere Auftragsbücher erwartet. Andererseits wird kolportiert, dass sich immer weniger Menschen ein neues Einfamilienhaus leisten können. Als würden neue Einfamilienhäuser, die zudem Flächenfraß, Zersiedelung und zusätzlichen Verkehr verursachen, die Probleme in der Wohnungsversorgung lösen. Wo bleibt in der Debatte die Stimme der alleinerziehenden Mutter, die in der Region Frankfurt eine bezahlbare Wohnung nahe an Arbeitsplatz und Kita braucht? Wo bleiben die Menschen, die nicht wieder zurück aus stationären Einrichtungen auf den Wohnungsmarkt finden, weil ihnen niemand eine Wohnung vermieten will? Warum werden weiterhin ökologische und soziale Ziele gegeneinander ausgespielt?

Natürlich braucht es mehr Wohnraum für eine wachsende Bevölkerung. Und Baukosten, die Mietpreise von 20 €/m2 und mehr verursachen, sind untragbar. Insofern gehen die angekündigten Maßnahmen, die Investitionen in das Wohnen unterstützen sollen, durchaus in eine richtige Richtung und können die Bautätigkeit wieder stärken. Zur Lösung der aktuellen Wohnungsfragen reichen sie aber nicht aus. Insofern lohnt sich ein Blick auf drei Bereiche, die auf dem Gipfel nicht diskutiert wurden:

  • Ein wesentlicher Preistreiber im Wohnungsbau waren in den letzten Jahren die gestiegenen Bodenpreise. Bauland ist knapp, und mit Blick auf die Flächensparziele des Bundes soll auch möglichst wenig neues Bauland „auf der grünen Wiese“ ausgewiesen werden. Deshalb fordern Kommunen und gemeinwohlorientierte Akteure, die sich zum Beispiel im „Bündnis Bodenwende“ zusammengeschlossen haben, seit Jahren bessere rechtliche Möglichkeiten für die Gemeinden, um Spekulation mit Boden zu verhindern und innerörtliche Brachflächen für eine Bebauung zu aktivieren.
  • Wohnkosten steigen auch, weil in Deutschland pro Kopf immer mehr Wohnfläche genutzt wird. Durch intelligente kompakte Grundrisse und Umbau des Bestands könnte dem entgegen gewirkt werden, aber auch mehr Wohnungen würden in der gleichen Baumasse entstehen. Darüber hinaus fehlen Maßnahmen zur Aktivierung von verdecktem Leerstand im Bestand. Wohnwendeökonomon Daniel Fuhrhop hat in seiner gerade veröffentlichten Dissertation herausgearbeitet, dass bis zu 100.000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr durch Mobilisierung von „unsichtbarem Wohnraum“ geschaffen werden könnten, was auch in erhebliche Einsparungen an grauer Energie mit sich bringen würde. Dazu sind nicht nur bessere Förderkonditionen für den Bestandsumbau, sondern auch Mittel für Beratung und soziale Begleitung erforderlich.  
  • In Hessen suchen rund 50.000 Haushalte eine Sozialwohnung, doch der Sozialwohnungsbestand ist 2022 nur um 1.636 Wohnungen angewachsen. Dass zu wenige Sozialwohnungen neu geschaffen werden, liegt nicht nur an einer unzureichenden Förderung. In vielen Kommunen jenseits der Großstädte fehlt auch die Bereitschaft, den Neubau von Sozialwohnungen in die Planung von neuen Baugebieten einfließen zu lassen. Die Verpflichtung, zumindest in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt bei Bebauungsplänen mindestens ein Drittel der Wohnungen als Sozialwohnungen zu bauen, wäre hier ein Schritt in die richtige Richtung. Ebenso wichtig wäre der Bau von zusätzlichen Sozialwohnungen durch öffentliche Wohnungsunternehmen.

Auch die mietenpolitischen Instrumente wurden beim Gipfeltreffen ausgespart. So sind im Koalitionsvertrag sowohl die Weiterentwicklung der Mietpreisbremse als auch eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit verankert. Bleibt zu hoffen, dass bis zum Ende der Legislaturperiode auch dazu noch verbindliche Ergebnisse umgesetzt werden.

von Stefan Heinig, Referat Stadt- und Landentwicklung im ZGV

Weiterführende Informationen:
Bündnis Bodenwende: https://dasl.de/2018/11/26/ausschuss-bodenpolitik/
Daniel Fuhrhop: https://www.daniel-fuhrhop.de/de