Perspektiefe 48, April 2019

Vom Leben erzählen: Erfahrungen der Gemeindepfarrerin Monika Christ

KIRCHE VOR ORT: Die Evangelische Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen hat insgesamt 2200 Mitglieder. 626 davon sind älter als 65 Jahre.

Pfarrerin Monika Christ besucht fast jede Woche ältere Menschen aus ihrer Kirchengemeinde. Anlässe sind meist runde Geburtstage und Traujubiläen. Manchmal erhält sie aber auch vom Besuchsdienst der Kirchengemeinde den Hinweis, unbedingt nach Frau X oder Herrn Y zu schauen.
In manchen Fällen hat sie das Gefühl, dass die Besuchten versuchen müssen, mit wenig Geld zurecht zu kommen und zu sparen, wo es nur geht. „Dabei kann die Kirchengemeinde in begründeten Einzelfällen durchaus mal eine Stromnachzahlung oder Medikamente bezahlen. Auch Lebensmittelgutscheine geben wir an Menschen in Not aus. Aber danach fragen in der Regel nur Familien mit Kindern oder Menschen, die unter dem Mindestlohn arbeiten. Selten ältere Menschen“, so Pfarrerin Christ.
Manchmal begegnet die Pfarrerin bei ihren Besuchen älteren Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind oder sich einsam fühlen. Das hat verschiedene Ursachen: Beispielsweise leben die Kinder nicht mehr in der Nähe oder der Partner ist gestorben oder die sozialen Kontakte werden weniger.

Damit ältere Menschen am Gemeindeleben teilnehmen können, macht die Kirchengemeinde verschiedene Angebote.
Einmal im Monat findet ein Seniorenkreis statt. Aus diesem Angebot hat sich ein Angebot für Hochbetagte entwickelt, mit ganz eigenen Herausforderungen. Beispielsweise können die meisten nicht mehr ohne Hilfsmittel gehen und werden abgeholt und wieder nachhause gebracht. Der Seniorenkreis beginnt in der Regel mit einer kurzen Andacht. Anschließend wird ein Thema vorgeschlagen, das mit den eigenen Biografien zu tun hat. Pfarrerin Christ ist davon überzeugt, dass es Menschen gut tut, miteinander ins Erzählen zu kommen; und das gelingt am besten, wenn sie sich gegenseitig von ihrem Leben berichten.
Gute Erfahrungen macht sie damit auch bei einem generationenübergreifenden Frauenfrühstück im Keramikcafé Höhr-Grenzhausen. Drei Mal im Jahr treffen sich über 30 Frauen zwischen 28 und 72 Jahren. Pfarrerin Christ startet mit einem geistlichen Impuls beispielsweise zum Thema Schönheit. „Dazu können alle Frauen etwas sagen, egal ob sie gerade Mutter geworden oder schon im Rentenalter sind“, meint sie. Es kommen Lebensgeschichten zusammen. Das Verständnis füreinander wächst und der Zusammenhalt wird gestärkt.

Pfarrer Neuesüß, der Kollege von Pfarrerin Christ, bietet jeden zweiten Freitagnachmittag einen Gottesdienst in den Seniorenheimen von Höhr-Grenzhausen an. Viele ältere Menschen, auch solche, die nicht in den Heimen wohnen, nutzen dieses Angebot gerne. In den Andachtsraum kommt man bequem mit dem Aufzug. Es ist warm und es gibt eine Toilette. Außerdem ist der traditionelle Gottesdienst am Sonntagmorgen für viele zu früh und der Abendgottesdienst zu spät.
Gut angenommen wird auch der einmal im Jahr stattfindende Seniorenausflug. Er berücksichtigt die Bedürfnisse der Hochaltrigen in besonderer Weise dadurch, dass er erst gegen Mittag beginnt, das Ausflugsziel nicht so weit entfernt ist und gemeinsam Kaffee getrunken wird. Und noch vor dem Abendessen sind die Ausflügler zurück. Wer zu wenig Geld für den Besuch im Café hat, kann von der Kirchengemeinde unterstützt werden.
Das Gemeindeverständnis von Pfarrerin Christ geht über diese eher klassischen Angebote in der Seniorenarbeit hinaus. Sie ist der Überzeugung, dass die Kirchengemeinde als Teil eines Gemeinwesens den Auftrag hat, das ganze Gemeinwesen zu fördern und sich nicht nur um einen Teil zu kümmern. „Es geht uns darum, zu schauen, welche Maßnahmen nötig sind, um das Zusammenleben aller zu entwickeln und zu gestalten“, so Frau Christ. Dieses Anliegen bringt sie in verschiedene kommunale Netzwerke ein. evkirche-hoehr-grenzhausen.ekhn.de